TOKYO DRIFTER (35mm)

TOKYO DRIFTER
Ein Film von Seijun SuzukiJapan 196683 min OmdU (Sammlung Österreichisches Filmmuseum) 35mm

Teil der Special Reihe NACHTBLENDE

„Eighty minutes of glorious action tied together by a barely comprehensible plot. I loved it.“
Jamelle Bouie on Letterboxd


Am 24. Mai wäre der japanische Regisseur Seijun Suzuki 100 Jahre alt geworden. Mit seinem stylischen TOKYO DRIFTER beeinflusste er das Gangster-Genre nachhaltig und inspirierte ganze Filmographien von heute gefeierten Regisseur:innen.

Yakuza-Boss Kurata und sein treuer Ergebener Tetsu haben genug. Sie wollen der Kriminalität abschwören und ein anständiges Business auf die Beine stellen. Doch der Ausstieg aus der Yakuza-Welt ist leichter gesagt als getan. Misstrauen und sofortige Bestrebungen, das Macht-Vakuum zu füllen, bringen nicht nur die beiden in Gefahr. Und was besagt eine alte Gangster-Weisheit nochmal? Nach drei erfolgten Niederlagen kann einen echten Yakuza nichts mehr halten. Tetsu steht knapp vor seiner vierten…

The thing that may be most telling about TOKYO DRIFTER is that it doesn’t seem to belong to the past.
Criterion / Howard Hampton

Seijun Suzuki drehte für die japanische Nikkatsu-Filmgesellschaft mehrere Dutzend Low-Budget-Streifen. Mit TOKYO DRIFTER verärgerte er seine Auftraggeber nicht zum ersten Mal. Seine formalen Spielereien und die Kreativität in Bezug auf Sounddesign, Farbgestaltung und Bildkomposition würden nur ein marginales Publikum ansprechen. Doch zum großen Gefallen der Filmgeschichtsschreibung hat Suzuki nicht einfach einen Film „über Gangster, die sich im Gangster-Jargon über Gangster-Dinge unterhalten“ gemacht, wie es laut Dino Pozzi vom SRF ursprünglich gedacht war.

TOKYO DRIFTER ist selbst nach heutigen Maßstäben ein für die Sinne überwältigendes Pop-Feuerwerk. Der Vorwurf, es handele sich um einen klassischen Vertreter von „style over substance“, ist hier vermutlich besonders schnell gemacht. Vor allem, wenn man unter Substanz in erster Linie den Plot eines Spielfilms versteht. Denn dieser rückt ob der Mannigfaltigkeit formaler Einfälle tatsächlich in den Hintergrund. 

Dabei ist es genau das, was dem Gangster-Genre neues Leben eingehaucht hat. Suzuki wusste das und ließ sich auch bei seinem nächsten Film nicht vom Weg abbringen. Der fantastische BRANDED TO KILL (1967) führte schließlich zu seiner Kündigung bei der Filmgesellschaft Nikkatsu. Ein anschließendes Gerichtsverfahren sorgte sogar dafür, dass der Regisseur für ganze zehn Jahre auf der schwarzen Liste sämtlicher Produktionsfirmen in Japan landete. Nur um 1980 mit ZIGEUNERWEISEN ein fulminantes Comeback zu feiern.

Mit TOKYO DRIFTER hat der japanische Filmemacher Seijun Suzuki Mitte der 1960er-Jahre neue ästhetische Maßstäbe für das Gangsterkino gesetzt. Und damit Quentin Tarantino beeinflusst.
SRF / Dino Pozzi