Teil der Special Reihe TODD HAYNES, AMERICAN FILMMAKER
Drei ineinander geschlungene Geschichten nach Motiven aus Romanen von Jean Genet; Hero: ein Bub, der Zuhause mißhandelt und in der Schule gehänselt wird, erschießt seinen Vater, springt aus dem Fenster und fliegt davon. Horror: Ein Wissenschaftler nimmt aus Versehen das von ihm destillierte „menschliche-Sexualität-Elixir“ ein und löst eine Epidemie lepröser Triebtäter aus. Homo: Ein Dieb begegnet im Gefängnis einem Burschen, den er noch aus der Besserungsanstalt kennt, und aus Erinnerungen an Rituale der Erniedrigung wird gewaltsame Gegenwart. Drei stilistische Repertoires: Hero sieht aus wie eine Fernseh-Video-Reportage des sensationalistischen Privatfernsehens; Horror ruft in Schwarzweiß den Geist eines Science-Fiction-B-Pictures an; Homo sinniert in pastelligen Farben über Melodram und Pastorale nach.
Sein Spielfilmdebüt wird 1991 beim Sundance Festival mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet, sorgt bei Reaktionären für Skandal und macht Haynes zu einem der Pioniere des New Queer Cinema, das im Anschluss an die „Aids-Krise“ der Achtziger ein Zeichen des Aufbruchs setzt. Dabei zeigt sich die von Haynes in der Folge perfektionierte, subversiv wirkende, künstlerische Strategie im Einschreiben gegenkultureller Inhalte (lies hier: eine von der Mehrheitsgesellschaft als „abweichend“ deklarierte, sexuelle Identität und Praxis) in traditionelle, heteronormative Genrestrukturen; wobei die Devianz, und das ist entscheidend, nicht zugleich auch an eine ihr konservativ zugewiesene Gut-Böse-Binarität geknüpft ist.
Und nicht zuletzt erinnert POISON mit seiner Dreisträngigkeit an die Terence Davies Trilogy (1976-83), in der der große englische Filmemacher (1945-2023) so ergreifend autobiografisch motivierte Anklage gegen Verdrängung und Unterdrückung führte.