JOUR DE FETE (35mm)

© Studiocanal
Tatis Schützenfest | Ein Film von Jacques TatiF 194979 min DF (Sammlung Österreichisches Filmmuseum) 35mm

Teil der Special Reihe WERKSCHAU JACQUES TATI

Papierene Lampions schwingen feierlich im Sommerwind. Ein Traktor tuckert durch die idyllische Landschaft, hinten am Anhänger hat er wunderhübsche hölzerne Karussellpferde geladen. Als er an einer Koppel vorbeifährt, schnauben die echten Rösser und ziehen sich zurück: Für die nächsten Tage haben sie keinen Auftrag. Das jährliche Dorffest steht an, das beschauliche Folainville ist im Ausnahmezustand. Die Gastgartenmöbel am Dorfplatz sind frisch gestrichen, der Bürgermeister gschaftlhubert herum, die Wirtin hat sich ein Haute-Couture-Kleid aus Paris nachschneidern lassen, beim Barbier herrscht Hochbetrieb – und nicht einmal Briefträger François (Jacques Tati) kann seiner gewohnt gemütlichen Routine folgen, auch wenn er beim Aufstellen des Fahnenmasts mitten am Platz seine große logistische Begabung unter Beweis stellt.

Dann läuft im extra angereisten Wanderkino auch noch eine Doku über das moderne Postwesen in den USA – und bringt François in eine existenzielle Krise. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wird die Post nicht mit dem Fahrrad befördert, sondern mit dem Hubschrauber, und täglich werden nicht vielleicht hundert Briefe ausgetragen, sondern Hunderttausende! François beschließt, es den Amis gleichzutun, und reorganisiert seinen Tätigkeitsablauf komplett. Statt auf Beschaulichkeit und persönlichen Kontakt will er nun ausschließlich auf Geschwindigkeit und Effizienz setzen – doch seine „Mode Américaine“ führt nicht nur zu erstaunlichen Resultaten, sondern auch zu dramatischen Konsequenzen.

Die Farbe kam mit den Wohnwagen, dem Karussell, den Holzpferden und den Jahrmarktsbuden. Als das Fest beendet war, wurde die Farbe wieder in die großen Kisten gepackt, und sie verließ das Dorf.
Jacques Tati, 1957

Im Kurzfilm „L’école des facteurs“ von 1947, das Solo-Regiedebüt des damals schon recht bekannten Komikers und Schauspielers Jacques Tati, porträtierte er patscherte Dorfbriefträger. Der große Erfolg des Films brachte ihn auf die Idee, die absurd komische Arbeitsablaufs-Optimierungs-Mission in eine Langfilm-Geschichte einzubauen – und die große Aufregung um den wichtigsten Tag im sonst so verschlafenen Nest bietet unendlich viele Ansatzpunkte für Tatis sorgfältig konstruierte Slapstick-Pointen.

Gedreht wurde ebenfalls in Sainte-Sévère-sur-Indre, jenem winzigen Dorf, in das sich Tati während der Nazi-Besatzungszeit zurückgezogen hatte. 1949 lief „Jour de Fête“ im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig, es war das Jahr, in dem erstmals der Goldene Löwe als Hauptpreis vergeben wurde – der ging allerdings an „Manon“ von Henri-Georges Clouzot.

JOUR DE FETE sees Tati building out the world around François, finding humor in the leisurely pace of country living.
The Dissolve