WERKSCHAU JACQUES TATI

WERKSCHAU JACQUES TATI
Von 30. Juni - 19. Juli 2023

Der ewige Held der immer Uncoolen: Eine Werkschau des wegweisenden französischen Komikers, Filmemachers und Schauspielers Jacques Tati

Steif vornübergebeugt, mit Hut, Pfeife und Sportsakko, ständig irgendwie aus der Form: Monsieur Hulot, das filmische Alter Ego von Jacques Tati. Für viele Cineastinnen ist er eine Ikone auf der Höhe von Marilyn Monroe oder Charlie Chaplin. Für Viele ist er aber auch ein Relikt einer längst vergangenen Ära – nicht nur aus der Form, sondern auch aus der Zeit gefallen.

Und dabei treffen sie, ohne es zu wollen, genau den Punkt: Jacques Tati war der Held der Deplazierten. Noch lange bevor das Wort „Coolness“ Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch fand, kämpften Menschen dagegen an, uncool zu sein. Tati nicht, er machte die Anti-Coolness, die immer völlig unabsichtliche und nie auch nur im Geringsten bösartige Unpassendheit zur Grundlage seiner Komik – wie vor allem bei seiner Kunstfigur Mr. Hulot, der immer alles richtig machen will und dabei ständig an den Unebenheiten der Realität aneckt.

„Jacques Tati erschuf sich seine eigene Welt, ohne sich dafür zu interessieren, was die anderen machen“, brachte es Filmkritiker-Legende Roger Ebert auf den Punkt, und erklärt damit sowohl den Erfolg als auch die Problematik des Jacques Tati. Jacques Tatischeff, so sein voller Name, geboren 1907, begann seine Karriere als Komiker in den 30ern. Seinen ersten eigenen Kurzfilm „Die Schule der Briefträger“ drehte er 1947.

Und trotz seiner ausgesprochen antifaschistischen Einstellung war er Narzisst, eingefleischter Nationalist und echter Konservativling: In allen seinen Filmen herrscht Fortschrittsangst, die Franzosen werden als Bewahrer der herzlichen Einfachheit dargestellt, und sogar die an sich sehr sozialistische Botschaft „Effizienzsteigerung im Sinne der Profitsteigerung wirkt zerstörerisch auf die soziale Gesundheit einer Gemeinschaft“ , die Tati in seinen Filmen nonchalant verbreitet, wirkt hier seltsam altbacken. Genauso wie seine Botschaft der instrumentalisierten Hilflosigkeit.

Und jetzt kommt das große „Aber“: Jacques Tati war grandioser Filmemacher mit unglaublichem Gefühl für Körperkomik, Aufbau und Timing. Ohne ihn gäbe es weder einen Mr. Bean noch einen Inspektor Columbo, und so unsensibel auch seine Filmfiguren sein mögen, desto großartiger war sein Blick für Details. Tatis Filme sind Kino für den inneren Alten Weißen Mann in allen von uns – quasi ein Beitrag zur Völkerverständigung.

(Text: Gini Brenner)

Tati hat da begonnen, wo wir aufgehört haben.
Buster Keaton

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