Teil der Special Reihe WOMEN ON THE RUN
IN MEMORIAM: Gena Rowlands
Gloria: "Go ahead, try me. You’ll love it. Okay? OKAY? Sissies! You let a woman beat you, huh? You little tiny nothings."
Gloria Swenson (Gena Rowlands) mag mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen haben, aber die Vergangenheit dürfte mit ihr noch nicht ganz fertig sein. Als ihre befreundeten Nachbar:innen ermordet werden, übertragen diese ihr die Verantwortung für ihren kleinen Sohn Phil. Dem Buben wurden nicht nur die patriarchalen Grundsätze des Vaters, wonach er jetzt der Mann sei, als Abschied auf den Weg mitgegeben, sondern auch die Aufzeichnungen des Buchmachers, welche die New Yorker Mafia in Bedrängnis bringen dürften.
Gloria sieht sich nun nicht nur mit einer elterlichen Verpflichtung, die sie nie wollte, konfrontiert, sondern muss auch vor dem organisierten Verbrechen flüchten, welchem sie glaubte, schon vor Jahren den Rücken gekehrt zu haben. Denn der Mob, der hinter dem Kind und dem Buch her ist, ist ihr ehemaliger Freundeskreis.
Das Milieu der Gangster durch die Linse Cassavetes’ ist nicht wie das seiner Zeitgenossen geprägt durch positive Verklärung oder gar eine Form der Huldigung. Die Mafia und ihre Vertreter erscheinen hier inkompetent, halbwüchsig und der Lächerlichkeit preisgegeben. In den Augen Glorias (und somit auch unseren) stehen diese Schmalspurganoven auf einer Ebene mit dem Dreikäsehoch Phil, wenn dieser ihr auf die Brust klopfend beteuert ‘I am the man! I am the man!’ - ein Mantra das wohl gelernt, aber dessen Sinn(haftigkeit) wohl nie erfasst wurde.
Doch auch diese peinlich erscheinenden Unzulänglichkeiten mindern die Brutalität der Machtstrukturen nicht. Sie machen sie nur undurchsichtiger, unberechenbarer und somit gefährlicher. Die tumben Aggressoren, vor denen Gloria versucht mit ihrem Schützling zu entkommen, stellen Unterdrückung und erzwungene Kapitulation naturgemäß über die Vernunft und den Dialog, weshalb sich Gloria die Methoden der Verfolger aneignen muss. Wie sie dies zur Spitze treibt und das verbrecherische Patriarchat mit Verve quasi im Alleingang bloßstellt, sorgt für ein paar der befriedigendsten Momente der Filmgeschichte.