Teil der Special Reihe NACHTBLENDE
Nachtblende: THROW BACK 1973
“Enter the Dragon isn’t just the most successful martial arts film of all time. It’s also…. just about the best.” theiverjordan on Letterboxd
Wenn Bruce Lee in seinem letzten Film auf die Insel des Schurken Han befördert wird, kann man ahnen, dass er dort keinen Urlaub macht. Man kann außerdem ahnen, dass der Mann mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn nicht ausschließlich bei Hans Turnier um Leben und Tod mitkämpft. Wie so oft soll der “Kleine Drache” mit illegalen Machenschaften aufräumen. Und Bruce Lee hat da seine Methoden… Für die textliche Einordnung der größten Kampfkunstlegende der Filmgeschichte, haben wir Film- und Musikjournalist Christian Fuchs (FM4) gebeten:
Enter The Little Dragon: Eine Verbeugung vor Bruce Lee
Den weltweiten Erfolg von „Enter The Dragon“ hat Bruce Lee 1973 nicht mehr erlebt. Ein Monat bevor der Film in die Kinos kommt, passiert die Katastrophe. Eine Gehirnblutung reißt den ikonischsten Actiondarsteller aller Zeiten mit 32 Jahren aus dem Leben.
Den extremen Stress, der zu diesem tragischen Tod führt, kann man Lee in der chinesisch- amerikanischen Coproduktion ansehen. Der drahtige Körper des „Kleinen Drachen“, wie ihn Fans nennen, scheint unter Dauerspannung zu stehen, sein Blick ist fokussiert bis zum Anschlag, der Trademark-Kampfschrei wirkt animalischer als zuvor. Auch wenn der Film selbst, ein Martial-Arts-Epos mit Agententhriller-Touch und funky Soundtrack, bisweilen die Aura eines schundigen B-Movies aus dem Hause Warner Bros. verstrahlt: Die Präsenz von Bruce Lee in „Enter The Dragon“ hat etwas Gefährliches.
„Enter The Dragon“ ist als Start einer internationalen Karriere geplant, die zuvor von rassistischen Hollywood-Machern verhindert wird. Der in Hongkong aufgewachsene King of Kung Fu versucht als junger Mann in Los Angeles sein Glück, schafft es zum Nebendarsteller in Fernsehserien. Geplagt von den üblichen chinesischen Rollenklischees flüchtet Bruce Lee aber zurück in seine Heimatstadt, damals noch eine britische Kronkolonie. In kurzer Zeit dreht er drei Filme, „The Big Boss“, „Fist Of Fury“ und „Way Of The Dragon“, die ihn zum Superstar im asiatischen Raum machen. Erst jetzt werden US-Studiobosse auf Lee aufmerksam, „Der Mann mit der Todeskralle“ entsteht, ein Film, dessen Bedeutung für das Actionkino nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Wie überhaupt der Einfluss von Bruce Lee generell. Der rasante, elegante Kampfkünstler ist nur eine Facette des Little Dragon. Da ist der Kosmopolit, der kulturelle Stereotypen verachtet, der Pionier einer Crossover-Haltung, die Genregrenzen ignoriert, der asketische Philosoph im gelben Trainingsanzug, der begabte Geschäftsmann, der Action-Choreograph. Auch wenn die Storys seiner wenigen Filme kaum erwähnenswert scheinen, sind es kinetische Meisterwerke, wo mit einer Grazie und Virtuosität gekämpft wird, die man im zeitgenössischen Tschinn-Bumm-Kino vergeblich sucht. Bruce Lee benötigt kaum Dialoge, ihm genügt die Sprache seiner Muskeln und Sehnen, das Knacken der Fingerknochen. Vor allem blitzt inmitten der Gewalt, die in „Enter The Dragon“ in legendären Fights eskaliert, immer wieder die allerwichtigste Eigenschaft des Schauspielers auf: seine Coolness. "Bruce Lee war für die 70er was Jim Morrison für die 60ies war", bemerkte ein Herr Tarantino einst. Ein begnadeter Popstar.
(Christian Fuchs, FM4)
VORFILM
THE LITTLE DRAGON
Der kleine Drache
Ein Film von Christian Fuchs
AT 1980 | 15 min | dOV
“Das kurze, aufwühlende Leben von Bruce Lee, verpackt in eine Mini-Doku aus der steirischen Provinz. Neben Aufnahmen von Papas Hongkong-Reisen lebt das Werk von Kampfkunst-Nachstellungen. Die Lehrlinge der elterlichen Bäckerei wurden vom Regisseur überredet, sich im berühmten gelben Lee-Anzug Duelle zu liefern.” SLASH Filmfestival