EL TOPO

EL TOPO
Ein Film von Alejandro JodorowskyMEX 1970125 min OmdU

Teil der Special Reihe NACHTBLENDE

„It combines the surrealism of a Bunuel, the symbolism of a Bergman, and the bizarreness of a Fellini.“ (Stuart Samuels)

Ein durchgeknallter Film, ein experimentierfreudiger Kinobetreiber und ein handgeschriebener Zettel mit der Aufschrift „EL TOPO at Midnight“: Alejandro Jodorowskys zweiter Spielfilm begründete 1970 das Phänomen Midnight Movies. Ein surrealer, brutaler und von überschwänglicher Symbolik geprägter Trip, der nach wie vor seinesgleichen sucht.

El Topo, ein in schwarzes Leder gekleideter Revolvermann, gespielt von Jodorowsky selbst, reitet mit seinem Sohn durch die Wüste. Nachdem das Kind in einem Ritual zum Mann erklärt wurde, kehren sie zurück und stoßen auf die blutigen Überreste eines Massakers. Ihr Dorf wurde dem Erdboden gleichgemacht, Frauen vergewaltigt, Kinder ermordet. El Topo schwört Rache. Doch der Weg dorthin stellt nur den Beginn eines bizarren (Selbstfindungs-) Trips dar.

Wenn Jodorowsky Sätze wie „I never do anything normal“ sagt, dann ist das für Menschen, die mit seiner Arbeit vertraut sind, eine ziemlich normale Behauptung. Jodorowskys Kunst ist bekannterweise alles andere als „normal“ und es überrascht nicht, dass sein psychedelischer Western-Trip in den 70er-Jahren einschlug, wie eine Wasserbombe gefüllt mit LSD. Es war eine enttäuschte 68er-Generation, die sich aufgrund reaktionärer Entwicklungen in US-amerikanischer Politik und Gesellschaft nach Störfaktoren und Irritationen sehnte. Jodorowsky bediente die Sehnsucht unter anderem mit Provokation, aber bei weitem nicht immer angemessen: Beim Kinostart behauptete er, dass sich eine Vergewaltigung in El Topo am Filmset echt zugetragen hätte. Später nahm er die immens misogyne Behauptung zurück.

Der Kult, den der Film in den 70er-Jahren auslöste, war für damalige Verhältnisse irre, und ist in heutigen Streaming-Zeiten gar nicht mehr zu begreifen. EL TOPO wurde über Jahre (!) in Mitternachtsvorstellungen gezeigt, immer und immer wieder von denselben Leuten voll besetzt. Nie war das Kino so nah an religiösem Ritus wie in diesen Zeiten in den USA. Unter den treuen Fans befand sich übrigens auch ein gewisser John Lennon, der seiner Bewunderung mittels saftiger Geldspritze für Jodorowskys nächstes Projekt Ausdruck verlieh. Wer weiß, was ohne Lennon aus THE HOLY MOUNTAIN geworden wäre…

It dazzles the eye, boggles the mind, and strangely and strongly affects the emotions. It is outrageous, pretentious, and brillant.
Stuart Samuels in „Midnight Movies“