BETWEEN THE LINES

BETWEEN THE LINES
Ein Film von Joan Micklin SilverUSA 1977101 min OV

Teil der Special Reihe BEHIND THE HEADLINES

The Hawker: “All the news behind the news... and some hippie smut... Your daughter reads it!”


Die Redaktion der Underground-Zeitung "The Black Bay Mainline" wirkt so bunt zusammengewürfelt wie die Geschichten, über die sie berichtet. Hier schreibt der Journalist Harry (John Heard) über Gegenkultur, die Fotografin Abbie (Lindsay Crouse) führt Interviews mit Stripteasetänzerinnen, der Jungreporter David (Bruno Kirby) berichtet unbeholfen - aber mit Herz - über den Walfang. Rockkolumnist Max (Jeff Goldblum) hält sich über Wasser, indem er Bootlegs an den meistbietenden Plattenladen verkauft, und zusammengehalten wird der sympathische Haufen durch die integre Rezeptionistin Lynn.

Wenn ein Konzeptkünstler vorbeischaut, das Inventar zertrümmert und das dann als sein neuestes Werk mit dem Titel “End of communication” vorstellt, bekümmert das niemanden. Was die loyale Belegschaft allerdings bekümmert, sind die anhaltenden Gerüchte einer Übernahme durch einen Großkonzern und ein damit einhergehendes Ende der Unabhängigkeit…

Joan Micklin Silver has fashioned a film so close to home that it will be hard for any journalist to be disassociated from it.
Los Angeles Free Press

In den 1970er Jahren etablierte sich die Regisseurin Joan Micklin Silver als eine der führenden Vertreterinnen einer aufstrebenden Gruppe unabhängiger Filmemacherinnen mit einer besonderen Begabung für das Einfangen von Subkulturen und geschlechtsspezifischen Spannungen im Wandel der Zeit.

Sie musste ahnen, dass der verhältnismäßig harmonische Zustand, in dem sich das Land befand, nicht von Dauer sein würde, sondern eine Art Limbus war. Die Revolution schien gewonnen, die Kriegstreiber aus dem Weißen Haus gejagt. Ein idealer Zeitpunkt, um für gerechte soziale Verhältnisse zu sorgen, das Miteinander und die Gegensätze zu feiern.

Doch der Yuppie stand schon vor der Tür und war bereit, diese Werte billig zu kaufen und gewinnbringend zu vermarkten. Wenn BETWEEN THE LINES allerdings nur eine Kritik an kapitalistischen Strukturen und deren Vertreter:innen wäre, würden wir nicht halb so viel Spaß daran haben.

Micklin Silver zeichnet mit ihrer Satire den Zeitungsalltag jenseits jeder Heroisierung und zeigt beinahe beiläufig Mechanismen männlicher Machtausübung als verzweifelte Machismen. Und entlarvt dabei den Archetyp des sich immer behauptenden Hemingway-Wannabes in seiner unverkennbar grotesken Selbsteinschätzung als anachronistisches Relikt.

(Text: Otto Römisch)

More timely than ever. A zippy, lived-in dramedy.
Kate Erbland, Indiewire