DE HUMANI CORPORIS FABRICA

Von Richard Fleischers FANTASTIC VOYAGE über Stan Brakhages THE ACT OF SEEING WITH ONE'S OWN EYES bis hin zu Yuri Ancaranis jüngstem Film DA VINCI ist die Fähigkeit des Kinos, in unsere Körper einzudringen, seit Jahrzehnten eine der unheimlichsten Eigenschaften des Mediums.

Das neueste Werk von Paravel und Castaing-Taylor (die den Titel des Films einem Anatomiebuch aus dem 16. Jahrhundert entnommen haben) bringt zweifellos Bilder hochmoderner Machart auf die Leinwand, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären.

Doch jenseits der Ehrfurcht vor den Wundern der Medizin erzählt der Film die Geschichte einer doppelten Zerbrechlichkeit: unserer eigenen und der der Institutionen, die sich um uns kümmern. Während wir uns selbst von innen beobachten, werden wir Zeugen der täglichen Arbeit von Ärzten und Krankenschwestern unter Bedingungen, die oft in krassem Gegensatz zur Präzision der Roboterbilder stehen. Von den Kellern bis zu den Dächern werden Krankenhäuser als Organismen untersucht, in denen Menschen und Maschinen im endlosen Kampf gegen Krankheit zusammenkommen.

Paravel und Castaing-Taylor gelingt es mit ihrer einzigartigen Sensibilität, die Zerbrechlichkeit unserer sozialen und physischen Körper ohne Voyeurismus einzufangen und einen Spiegel zu schaffen, in den wir letztendlich nicht verhindern können hineinzuschauen.