SINGAPORE SLING (4K)
Teil der Special Reihe NACHTBLENDE
„Peter Strickland channeling John Waters channeling David Lynch channeling Otto Preminger channeling 70s Italian Softcore porn channeling 20s German expressionism. so basically an early Bertrand Mandico flick. neat meat.“ shookone on Letterboxd
Was beginnt wie ein klassischer Film Noir, entpuppt sich bald als groteskes Spukstück ohne Schamgrenzen. In Nikos Nikolaidis SINGAPORE SLING werden (Sub-) Genres bis auf die Knochen seziert, gefoltert und neu zusammengesetzt, als sadomasochistisches Kammerspiel zwischen Wahnsinn, Erotik und postmodernem Trash. Ein wahrer Midnight Movie der 90er-Jahre.
Ein verletzter Privatdetektiv landet in einer abgelegenen Villa, in der eine unkonventionelle Mutter-Tochter-Konstellation haust. Ihre Gastfreundschaft besteht aus Fesselspielen, sexueller Demütigung und kulinarischem Kannibalismus. Der Plot, also die Spurensuche nach einer verschwundenen Frau namens Laura, ist nur ein loser Faden, der durch ein Geflecht aus Gewaltfantasie, Kindheitstrauma und Obsession gezogen wird…
Es wäre wünschenswert, wenn andere Filmemacher dem Beispiel des 2007 verstorbenen Nikos Nikolaidis folgen würden. Denn gegen die Erstarrungen von Formeln und vermeintlichen Erfolgsrezepten helfen ab und zu nur gezielte Schocks und Tabubrüche.
SINGAPORE SLING funktioniert nicht als Krimi, sondern als genresprengender und vermengender Albtraum. Visuell tief verankert im Film Noir, driftet er rasch ins Absurde, Surreale und rein Atmosphärische. Nichts ist heil, aber alles überzeichnet: die Lust, der Ekel, das Begehren.
Der 2007 verstorbene Regisseur selbst meinte zum Film: „Als ich Singapore Sling gedreht habe, war ich der Meinung ich würde eine Komödie mit Elementen der antiken griechischen Tragödie erschaffen. Später jedoch, als ein paar europäische und amerikanische Kritiker den Film als „one of the most disturbing films of all times“ charakterisierten, begann ich zu fühlen, dass irgendetwas mit mir nicht stimmt. Dann, als die britischen Zensoren die öffentliche Aufführung in den Kinos verboten, begann ich zu realisieren, dass etwas mit uns allen nicht stimmen kann.“ Ein Film also, der für sein Publikum vieles sein kann, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ein einzigartiges Erlebnis darstellen wird. Kino, das keine Katharsis will, sondern Überforderung. Keine Geschichte, sondern Exzess. Unkontrollierbar, unangenehm, faszinierend. Vü Spaß!
Immer dann, wenn man eigentlich meint schon fast alles gesehen zu haben, kommt ein Film wie Singapore Sling und belehrt einen eines Besseren.
